Schirmtuning: Wiederversteifen der Eintrittskante
Author: Markus Haubt, 17.08.2008
Quicklink: Sicherheitshinweise
Quicklink: Bilder zur Veranschaulichung
Ich möchte hier einen Basteltip darstellen, mit dem ich ein Problem behoben habe,
daß schon mehrere Piloten bereits beschäftigt hat oder noch beschäftigt: Das Problem stark verknickter und
zerknitterter Eintrittsöffnungen an der Nasenkante des Schirms.
Das Problem tritt bei fast allen Geräten auf, die generell eher schlampig gepackt werden, insbesondere bei Verwendung
eines Schnellpacksackes wie in meinem Fall. Im Lauf der Zeit verknicken die ursprünglich steifen und nach dem
Auslegen noch schön gerade stehenden Zellzwischenwände eines Neuschirmes immer stärker. Hierdurch reduziert sich
deutlich die Öffnungsbreite der Nasenkante, im Extremfall kann es dazu führen, daß - wie in meinem Fall zum Schluss
mehrfach passiert - die Eintrittskante beim Aufziehen komplett "zu macht", das heißt, daß das Obersegel einfach
auf das Untersegel klatscht und man deutlich Zug nachgeben muß, um diese wieder zu öffnen und den Schirm weiter zu
füllen. Im Flug habe ich hierdurch keinerlei Beeinträchtigungen feststellen können, Wettkampfpiloten achten aber
wegen der Geräteleistung bekanntermaßen penibel auf die Schonung ihrer Zellzwischenwände.
Viel deutlicher äußern sich die Probleme hingegen beim Start. Auch hier sind aber vor allem die Geräte mit schmaleren
Eintrittskanten, also prinzipiell eher höher-klassifizierte Typen betroffen, da sich hier der Effekt aufgrund der von
vornherein deutlich schmaleren Eintrittsöffnungen stärker nachteilig auswirkt.
Um das Problem zu lösen bin ich nun auf folgende Lösung verfallen:
Ziel war es, die Nasenkanten der Zellzwischenwände wieder soweit auszusteifen, daß diese wieder gerade stehen und nicht
mehr einknicken können. Hierzu hatte ich verschiedene Ideen, unter anderem dachte ich daran, Plastikflecken aufzukleben,
Laminat aufzutragen oder mit Draht zu arbeiten. Alle diese Lösungen stellten mir aber einen zu großen und vor allem im
Falle des Klebens irreversiblen Eingriff am Gerät dar.
Daher kam ich zu dem Schluss, eine Lösung zu suchen, die man nur auf die Nasenkanten aufsteckt und klemmt. Bei der Suche
nach einem geeigneten Material bin ich dann als vorerst beste Variante auf sogenannte Klemmschienen (Leitz) aus dem
Schreibwarenbedarf gestoßen. Das sind 30cm lange, 1cm breite und tropfenförmig zusammengebogene Schienen, in welche man
normalerweise bis zu 30 Blatt Papier klemmen und bündeln kann. Eine 10er-Packung dieser Schienen kostet 3,00Euro.
Diese Klemmschienen habe ich mit einer Blechschere auf die exakte Länge der Nasenkanten zurecht geschnitten. Das
Aufschieben der Schienen auf die Nasenkanten ist etwas fummelig, am besten biegt man die Klemmschienen dazu leicht
mit einem Schraubenzieher auf (nicht zu weit, um die Klemmwirkung nicht zu stark zu reduzieren). Danach halten die
Schienen eigentlich ganz gut, da die Nähte ganz vorne an den Nasenkanten nun in den Schienen verlaufen. Die Schienen
sind innen auch profiliert für einen rutschfesteren Sitz. In meinem Fall habe ich nur die mittleren zwei Meter der
Eintrittskante (ca. 10 Nasenkanten) auf diese Art versteift, das reicht vollkommen.
Ich habe bereits einen Testflug damit gemacht, und die Dinger sind mir auch bei diversen Asymmetrischen und Loops nicht
um die Ohren geflogen, haben also allesamt gehalten. Das Problem mit dem "Zumachen" der Eintrittskante ist behoben, das
Startverhalten meinem ersten Eindruck nach erkennbar wieder verbessert. Auswirkungen der Klemmschienen auf das
Flugverhalten, z.B. beim Klapper befürchte ich nicht.
Ich möchte meine Ausführungen abschließen mit einer dringenden Bitte und Anregung an die Hersteller, solcherlei Features
künftig doch serienmäßig an den Nasenkanten anzubringen. Verschiedene Hersteller hatten hierzu bereits gute Ansätze, auch
Schnürsysteme zum Bündeln der Eintrittskanten beim Zusammenlegen halte ich für sehr sinnvoll. Für mich wäre das ein klares
Kaufargument, stabile Eintrittskanten und evtl. noch zusätzlich ein System zum schnellen und sicheren Bündeln der
Eintrittsöffnungen.
|
|
|
Gütesiegelkonformität: Ein Eingriff dieser Art stellt klar eine bauliche Veränderung am Gerät dar, die genau genommen ziemlich sicher zu einem Erlöschen des Gütesiegels führt, betrachtet man es rein und streng auf rechtlicher Ebene. Ein faktisch möglicherweise unbeeinflusstes Flugverhalten ändert hieran nichts. Zu welchen Konsequenzen dies im Ernstfall (Unfall) dann führt, darüber streiten sich bei verschiedensten anderen Maßnahmen ähnlicher Art seit jeher rege und kontrovers die Gelehrten, belastbare Erfahrungswerte gibt es leider kaum oder gar nicht. |
|
Verhängergefahr: Es wurde zurecht angemerkt und kritisiert, daß der Schirm an dieser Art von Versteifungen evtl. verhängen könnte. Es ist so, daß bei einem Verhänger gerne die Nasenkante vom Stabilo her in den seitlichen oder vorderen Leinen einfädelt. Ich persönlich schätze die Gefahr, daß die Klemmleisten dabei blockieren - ohne hierfür empirische Evidenz zu haben - eher gering ein. Insbesondere gibt es aber auch zwei weitere Maßnahmen und Punkte, um dieser Gefahr zusätzlich effektiv entgegenzuwirken:
|
|
Perforationsgefahr beim Packen: Zumindest beim engeren konventionellen Packen wäre denkbar, daß die harten Klemmleisten das Tuch beschädigen/perforieren. Auch diese Gefahr kann man denke ich sehr effektiv durch ein sauberes Verschleifen und Entgraten der Kanten entschärfen. |
Bilder zur Veranschaulichung:
Verknickte Eintrittskanten vor dem Schienen - muß das sein, werte Hersteller?:
Geschiente Eintrittskanten:
Werkzeug:
Schienen:
Ergebnis:
